06.06.2018 | Blog Wie Artificial Intelligence Juristen von Standardaufgaben entlastet

Ob Due Diligence-Verfahren, die Analyse von Mietverträgen oder die Prüfung von Leasingverträgen nach IFRS 16 – Anwälte und Wirtschaftsprüfer müssen oftmals eine große Menge an Rechtsdokumenten unter hohem Zeitdruck durcharbeiten und prüfen. Artificial Intelligence kann Juristen von Standardaufgaben entlasten.

Beim Thema Künstliche Intelligenz denken die Meisten von uns an Sci-Fi-Roboter, automatische Gesichtserkennung oder Smart Home Gadgets wie den Amazon Echo-Lautsprecher. Viele haben zunächst die Hardware vor Augen und weniger die Software.  Dabei ist sie das Wesentlichste: Dank Machine Learning-Verfahren ist Software in der Lage, zu lernen, bestimmte Muster in den Daten zu erkennen oder Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, ohne dafür eine separate Programmieranweisung zu erhalten.

Branchen wie die IT oder Medizin profitieren schon lange von Artificial Intelligence und Machine Learning. Aber auch Juristen und Fachanwälte können diese Technologie für sich nutzen. Laut Gartner werden bis 2020 15 Prozent der einfachen Anwaltsarbeiten von Smart Machines erledigt werden. McKinsey schätzt, dass mit Hilfe von Artificial Intelligence und Legal Tech Software 22 Prozent der Tätigkeiten von Anwälten und 35 Prozent der Aufgaben von Rechtshelfern automatisiert werden könnten.

Das bedeutet nicht, dass Anwälte künftig weniger zu tun haben werden: KI-basierte Software ersetzt keine Expertise, sondern entlastet Fachjuristen sinnvoll von oftmals langweiligen Standardaufgaben.

Lesehilfe bei Due Diligence und IFRS 16-Prüfungen

Beispiel: Steht eine Firma zum Verkauf, wird im Rahmen der Due Diligence geprüft, welchen Wert das Unternehmen hat und welche Risiken hinsichtlich laufender Gerichtsverfahren, Mitarbeiterverträgen oder Kaufverträgen existieren. Unternehmensjuristen und Wirtschaftsprüfer müssen dafür oft hunderte oder tausende seitenlange Rahmenverträge durchlesen und Klauseln mit Risikopotential aufspüren. Das alles geschieht manuell und findet unter hohem Zeitdruck statt. Die Gefahr, dass relevante Klauseln übersehen werden und dadurch Fehler mit massiven Auswirkungen und Haftungsrisiken passieren, ist hoch.

Vertragsanalysesoftware wie der Contract Analyzer, der auf Artificial Intelligence basiert, hilft dabei, relevante Vertragsinhalte zu erfassen und aufzubereiten. Der Fachjurist muss nun nicht mehr jede Seite des Vertrags einzeln lesen – die Software übernimmt das für ihn, extrahiert die wichtigsten Informationen wie Klauseln, Vertragswerte, Vertragspartner oder Vertragslaufzeiten und listet diese übersichtlich auf. Ungünstige Klauseln können so schneller identifiziert und als Red Flag markiert werden. Das spart nicht nur wertvolle Arbeitszeit, sondern minimiert auch das Risiko, ungünstige Klauseln zu übersehen.

Klauseln erkennen und vergleichen dank Artificial Intelligence

Ein zweites Szenario, bei dem Wirtschaftsprüfer von KI-basierter Software profitieren, ist z.B. die Prüfung von Leasingverträgen nach IFRS 16. Der neue Rechnungslegungsstandard zwingt Unternehmen ab dem 01.01.2019 dazu, Leasinggeschäfte gemäß der neuen Accouting-Richtlinie zu bewerten. Das hat zur Folge, dass Unternehmen mitunter große Mengen an bestehenden und künftigen Leasingverträgen prüfen und bewerten müssen.

Auch hier unterstützt der Contract Analyzer: Statt tausend Rechtsdokumente mühsam zu prüfen erkennen Berater über das Dashboard der Software auf einem Blick, welche Verträge dem IFRS 16-Bilanzierungsstandard unterliegen.

Durch klauselbasierte Passagenerkennung erkennt die Software einzelne Klauseln über mehre Verträge hinweg. Das ist besonders dann von Vorteil, wenn eine Klausel mehrfach in unterschiedlichen Verträgen auftaucht. Auf diese Weise bekommt der Fachjurist die Klauseln übersichtlich aufgelistet und kann sie auch intelligent miteinander vergleichen.

Verträge ordnen durch Machine Learning-Verfahren

Oftmals liegen Verträge oder Rechtsdokumente außerdem in unstrukturierter Form vor. Machine Learning-Verfahren helfen dabei, unstrukturierte Daten und deren Inhalte wie Unterlagen, Notizen, Anträge, Gesetzestexte oder Verträge zu klassifizieren und dem richtigen Thema beziehungsweise Rechtsgebiet zuzuordnen und in einer definierten Ablagestruktur einzusortieren. Die Software ist auch in der Lage, Verträge mit den richtigen Schlagworten zu versehen oder ganze Verschlagwortungsmasken zu befüllen, sodass sie beispielsweise in einem Vertragsmanagementsystem korrekt abgelegt und gemanagt werden können.

Artificial Intelligence erspart dem Anwalt also keinesfalls das Prüfen und Auslegen von Paragrafen und Klauseln. KI-basierte Vertragsanalysesoftware entlastet ihn lediglich von Standardaufgaben wie dem Lesen von seitenlangen Verträgen und das manuelle Markieren von relevanten Klauseln. Dadurch gewinnt der Anwalt wertvolle Zeit, kann sich ganz auf seine Kernkompetenzen fokussieren und im immer preissensitiveren Markt wettbewerbsfähiger agieren.

Der Autor

Franz Kögl
Vorstand
Franz Kögl gründete im Jahr 2000 zusammen mit Bernhard Messer die IntraFind Software AG. Gemeinsam entwickelten sie das Unternehmen zu einem etablierten Softwarehersteller für Enterprise Search. Er hält regelmäßig Vorträge und verfasst Fachartikel zu Themen wie Künstlicher Intelligenz, Machine Learning oder Cognitive Search.
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Franz Kögl